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Ein gebrauchtes Saxophon kaufen...

 

...ist nicht unbedingt eine gute Idee.

Mit dem Saxophonspiel anzufangen bedeutet etwas mehr als nur das Blatt in den Griff zu bekommen, sich die Finger nicht zu verknoten und im schlimmsten Fall noch Notenlesen zu lernen. Ein Sax ist wie schon erwähnt eine komplexe Maschine mit der eine unglaubliche Menge an Dingen schiefgehen können - und Du solltest Deine Nerven nicht noch an einem vermurksten Horn aufreiben.

Einige der häufigsten Saxophon-Probleme kommen mit dem Alter: Polsterverschleiß, mangelnde Schmierung, Dejustierung von Achsen und Lagern, ausgeleierte Federn, ein abgenudelter Kork am S-Bogen und evtl. genügend Dellen um den Sound negativ zu beeinflussen sind da zu nennen.

Um erkennen zu können, ob ein gebrauchtes Sax noch nennenswert spieltauglich ist - oder was es kosten würde, es wieder in Form zu bringen - erfordert schon einigen Sachverstand. Es würde den Rahmen sprengen, hier alle dunklen kleinen Geheimnisse der Saxophonreparatur diskutieren zu wollen, aber es dürfte klar sein, dass diejenigen, die sich mit so etwas auskennen, das viele Geld dafür nicht ohne Grund verdienen. Andersherum: Wenn Du sicher wärst, ein gebrauchtes Horn richtig einschätzen zu können, würdest Du wahrscheinlich diesen Artikel nicht lesen.

Wenn Du eine Weile mit anderen Saxophonspielern herumhängst, wirst Du zwangsläufig die wundersame Geschichte des legendären 5000-Euro-Vintage-Saxophons hören, dass derjenige zufällig für ganz kleines Geld beim Trödler erstanden hat. Daraus solltest Du nicht etwa entnehmen, dass Trödler besonders geeignete Anlaufstellen für die Suche nach gebrauchten Instrumenten sind, sondern eher, dass man nicht alles glauben darf, was Musiker über ihre Instrumente erzählen!

Jeder, der ein Saxophon zu verkaufen hat und über eine Internetanbindung verfügt, kann relativ schnell einschätzen, was sein Instrument wert ist. Damit kann ein gebrauchtes Instrument durchaus noch ein preislich attraktives Geschäft für den Käufer sein. Andererseits kannst Du davon ausgehen, dass wenn ein Saxophon für 20 Euro angeboten wird, der Besitzer wohl zu dem Schluß gekommen ist, dass es nicht viel mehr wert ist. Eine Ausnahme bilden hier online-Auktionen, die mit einem Startpreis von einem Euro beginnen: Hier sagt sich der Verkäufer erkennbar, "der Markt bestimmt den Preis". Einerseits heisst das, dass Du besonders gut prüfen musst, was Du da kaufst, andererseits kann sich hier in der Tat manchmal ein Schnäppchen verbergen.

Der Kauf eines gebrauchten Instruments - sei er nun eine gute oder schlechte Idee - wird Dich zwangsläufig an eine der folgenden Stellen führen:

Musikalienhändler

Insbesondere auf Saxophone bzw. Holzbläser spezialisierte Händler nehmen mitunter gebrauchte Instrumente gegen neue in Zahlung. Dementsprechend verkaufen sie diese Gebrauchten dann auch wieder - entweder aus dem eigenen Bestand oder z.T. auch im Kundenauftrag.

Ernstzunehmende Händler verkaufen diese Hörner i.d.R. erst, nachdem sie generalüberholt wurden, oder aber zumindest, nachdem ein Fachmann sie sich ernsthaft "zur Brust" genommen hat. Das beinhaltet den Einbau neuer Polster ebenso wie das Ersetzen defekter Achsen, Austausch ausgeleierter Federn, Ausbeulen größerer Dellen und dergleichen mehr. Ein derart aufgearbeitetes Horn wird zwar nicht zwangsläufig so gut spielen wie ein neues, aber ein kompetenter Holzblasinstrumentenbaumeister kann eine Menge aus einer "alten Kanne" herausholen.

Jetzt wirst Du Dich wieder fragen, woran Du erkennen kannst, ob Dein Händler einen solchen Meister beschäftigt oder zumindest beauftragt, oder ob da einfach nur ein halbwegs geschickter Bastler mit Lötkolben, Heißkleber und Politurpaste im Hinterzimmer sitzt und die Saxe zurechtdengelt. Auch hier gilt wieder - Du musst schon einiges an Erfahrung mit Saxophonen gesammelt haben, um das sicher feststellen zu können.

Viele Musiker, die ein altes Sax für ein neues in Zahlung geben, tun dies, um sich zu verbessern, z.B. vom Student auf ein Intermediate oder Professional Modell. Das kann heißen, dass einige Gebrauchtinstrumente ihr Leben als "Low-End" Blech begonnen haben. Daran werden dann auch neue Polster und eine kräftige Politur nicht viel ändern können.

Selbstverständlich finden auch hochwertige Instrumente mitunter den Weg zurück zum Händler. Wenn diese dann überholt wurden, ist ihr Preis allerdings in der Regel nicht mehr so weit von dem eines guten Neuinstruments entfernt, als dass man den Kauf uneingeschränkt empfehlen könnte. Hier müssen dann andere Erwägungen greifen, um zu entscheiden, ob sich die Anschaffung lohnt.

Wichtig ist auch, dass ein Horn niemals nur nach seiner Politur beurteilt werden darf. Ein Sax kann noch so "neu" glänzen, nur wenn alle Reparaturen professionell ausgeführt wurden, spielt es auch "wie neu".

Schließlich möchte ich noch festhalten, dass moderne Hersteller Zugriff auf Technologien und Materialien haben, die es vor einigen Jahren oder Jahrzehnten schlicht noch nicht gab. Damit haben moderne Saxophone eine gute Chance, erheblich besser und leichter zu spielen als ihre Vorfahren.

Außerdem solltest Du dringend vermeiden, Dein Saxophon beim Händler um die Ecke zu kaufen, der ein verstaubtes Sax in einer abgestossenen Vitrine in der Ecke stehen hat, umringt von -zig Gitarren, Keyboards, Verstärkern und ähnlichem. Wenn Du ein Saxophon kaufen möchtest, gehe zu einem Händler, der sich auf Holzblasinstrumente spezialisiert hat - oder wenigstens eine gutsortierte Abteilung dafür besitzt.

 

Privatkauf:

Ein gebrauchtes Saxophon von jemandem zu kaufen, den Du nicht kennst und wahrscheinlich nach dem Geschäft nie wieder sehen wirst, ist nur marginal intelligenter als einem Politiker zu glauben, was er vor der Wahl verspricht. Das soll nicht heißen, dass alle von privat angebotenen Saxophone pauschal Schrott sind - aber auch hier muß man sich wirklich gut mit dem Instrument auskennen, um das entscheiden zu können.

Die Kosten für die Reanimation eines vermeintlich günstig gekauften Horns können viel von dem gesparten Geld wieder auffressen.

 

Online-Auktionen:

Online-Auktionen haben etwas von einem globalen Trödelmarkt, und sind sicher nicht der Ort, einen teuren Gegenstand zu kaufen über den man nicht viel weiß. Wie bei Privatverkäufen gilt auch hier, dass Du ein erstklassiges Horn für einen sehr fairen Preis erwischen kannst - oder halt eine abgetakelte alte Kanne die woanders nicht einmal die Anzeigenkosten wieder hereingebracht hätte. Der Raum zwischen diesen beiden Extremen ist groß, und entsprechend vielfältig sind die Angebote, die mehr zum einen oder anderen hin tendieren.

Da ich immerhin vier von sechs bisher gekauften Saxophonen selbst über Online-Auktionen erworben habe, einige Tipps, worauf Du unbedingt achten solltest (einige dieser Tipps sind auch für Privatkäufe anwendbar):

- jedes gebrauchte Saxophon sollte in der Beschreibung eine Herstellerangabe und eine Seriennummer (manchmal z.T. ausge-x-t, also z.B. 32xxx statt 32768) enthalten. Fehlen diese Daten - Nachfragen! Über Hersteller und Seriennummer lässt sich einigermaßen zuverlässig das Alter des Instruments ermitteln.

- im Angebot sollte ausdrücklich drinstehen, dass das Instrument spielbereit ist. Fehlt die Angabe - Nachfragen! Es gibt Hörner, die sich auch als "Bastlerobjekt" lohnen - aber nicht für jemanden, der gerade erst anfängt. Ohne Bestätigung der Spielbereitschaft - Finger weg!

- als Mindestzubehör sollte ein passender Koffer und ein sog. "Herzschoner" (das ist ein Plastik- oder Metallstöpsel, der in die S-Bogen-Aufnahme am Korpus gesteckt wird, um Transportschäden zu vermeiden) dabei sein. Online-Auktionen sind Versandgeschäfte, und generell muss ein Instrument transportabel sein - ohne diesen Schutz ist die Gefahr, dass dem Instrument etwas passiert, zu groß, und das Risiko, dass Du auf dem Schaden sitzenbleibst, zumindest gegeben.

Sind alle Eigenschaften überprüft und über das Auktionsangebot oder schriftliche Bestätigung abgesichert, gilt es, diese beim Empfang des Instruments sofort zu prüfen. Stimmt irgendetwas nicht, sofort den Verkäufer kontaktieren. Ein Verkäufer, der zu seinem Wort steht, wird weiterhelfen. Einer der dies nicht tut, kann vor die Wahl gestellt werden, das Instrument zurückzunehmen, oder sich eine entsprechende Meldung beim Auktionsbetreiber einzufangen (diese Meldung ist z.B. wichtig für die Versicherungsverfahren, die einige Auktionsplattformen anbieten - die im Zweifelsfall letzte Möglichkeit, sich wenigstens einen Teil des Geldes wiederzuholen, falls man Gold gekauft aber Mist bekommen hat...)

Unter keinen Umständen solltest Du an einem Instrument rumbasteln, das der Auktionsbeschreibung nicht entspricht. Umtausch, Rückgabe oder Preisminderung sind die einzigen sinnvollen Optionen. Ich selbst hatte bislang nur einmal Pech (Quote = 25%), das heißt aber nicht, dass diese Quote übertragbar wäre. Ein Fehlkauf kann auch 100% Pech bedeuten, also Vorsicht!

Du kannst Dir das Leben bei der Suche nach einem gebrauchten Horn erheblich leichter machen, wenn Du jemanden mit hinzuziehst, der Saxophon spielt und entsprechend technischen Sachverstand hat. Alternativ kannst Du den Kauf über einen Musikalienhändler tätigen, bei dem Du schon Kunde bist und auch bleiben möchtest - Händler die einen guten Ruf haben, wollen diesen auch verteidigen und werden Dich davor bewahren, irgendwelchen Murks zu kaufen. Kommt beides für Dich nicht in Frage, solltest Du genügend Geld haben, das Du nicht mehr sehen kannst, und eine Menge Zeit zum totschlagen.

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©2005 Gereon Stein - Verwendung auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors

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